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Die Schamanentrommel – Rhythmus und Klang für magische Praktiken



Aus China stammt die älteste bekannte Trommel oder Membranophon, wie man Instrumente nennt, deren Klang von einer schwingenden Membran erzeugt wird. Dort wurden hölzerne Trommeln mit Krokodilhäuten aus dem 3. Jahrtausend v. Chr. entdeckt. Die älteste ägyptische Trommel besaß einen zylindrischen Korpus und stammt aus einem Felsengrab der 12. Dynastie um 2000 v. Chr. Häufiger waren fassförmige Trommeln, die ebenso wie Rahmentrommeln um diese Zeit für militärische Zwecke und wahrscheinlich auch im Tempel eingesetzt wurden.


Für eine Schamanentrommel wird traditionellerweise ein stabiler Holzrahmen mit einer derben Tierhaut bespannt, die vom Büffel, Elch, Rind, Hirsch oder von der Ziege stammt. Nachdem heute viele dieser Tiere geschützt sind – und die Anzahl an verwendeten Trommeln deutlich gestiegen ist, werden fast nur noch Ziegen- und Kuhfelle verwendet. Das Fell wird häufig mit rituellen Symbolen, Mustern und Zeichnungen bemalt.


Sehnen oder dünne Hautstreifen halten das Fell an seinem Platz und geben ihm die nötige Spannung, was die Trommel aber sehr wetterempfindlich macht. Das Fell verliert bei Feuchtigkeit sehr schnell seine Spannung und der Rahmen kann sich verziehen. Die eng mit der Natur lebenden Völker lösten das Problem auf natürliche Weise: in der Mitte der versammelten Runde brannte ein Lagerfeuer; vor dem Spiel wurde dort das Trommelfell erwärmt und dadurch gestimmt. Der Schlägel ist meist von Hand gefertigt: ein geschnitzter Holzstiel und weiches Leder für den Schlägelkopf. Manchmal sind sie auch mit Perlen oder Schnüren verziert.


Die Schamanentrommel ist die älteste Rahmentrommel überhaupt und eines der wichtigsten Utensilien im Schamanismus. Die magisch-religiöse Funktion des Schamanen ist, zugunsten der Gemeinschaft eine Beziehung zwischen den Menschen und den übernatürlichen Wesen und Gottheiten herzustellen. Er verwendet sie als Hilfsmittel, als „Fahrzeug“, um auf seinen Trancereisen in die „Anderswelt", die nicht alltägliche Wirklichkeit, zu gelangen, aber auch, um hilfesuchende Menschen in Trance zu versetzen, um Zeremonien durchzuführen, Geister zu rufen oder zu vertreiben.


Der psychische Effekt rhythmischer Trommelschläge auf das Zentralnervensystem wurde mehrfach untersucht. Das leise und langsame Trommeln zu Beginn soll die Aufmerksamkeit des Publikums erregen und dem Schamanen helfen, sich zu konzentrieren. Mit der Ankunft der herbeigerufenen Geister steigert sich das Tempo der Trommel allmählich und wird dann auf (ungefähr) viereinhalb Trommelschlägen pro Sekunde (4,5 Hz) aufrechterhalten. Dieser schnelle Rhythmus verstärkt die Theta-Wellen im Gehirn und führt einen Zustand zwischen Schlafen und Wachsein herbei. Dabei steigen oft innere Bilder auf. Neben dem gleichmäßig schnellen Rhythmus wirken auch die vielen Obertöne dieser Trommel ausgleichend auf das Nervensystem.


Vernichtung eines kulturellen Symbols


Die Schamanentrommel als Hilfsmittel für die magischen Praktiken findet man in allen Weltgegenden: in orientalischen Kulturen, in China, in Nord- und Südamerika, in Lappland, Zentralasien und Sibirien. Die nomadischen und ursprünglich von Sammeln, Fischfang und der Jagd auf Rentiere lebenden Samen mussten seit dem 16. Jahrhundert Steuern an die Staaten Dänemark-Norwegen, Schweden und Russland entrichten, warum sie ihre freie Lebensform verändern mussten. Neben der staatlichen Einflussnahme wird auch eine rücksichtslose religiöse Einflussnahme durchgeführt. Besonders vom Ende des 17. bis in die Mitte des 18. Jh. konzentrierten die lutherischen Missionare ihre Agitation auf die heidnischen Schamanentrommeln, die sie bei jeder Gelegenheit konfiszierten.


Für die Samen, die bereits einen christlichen Namen angenommen und auch nach christlichem Ritus geheiratet hatten, wurden die Trommeln hingegen zu einem kulturellen Symbol des Widerstandes. Den Kirchenpredigern war es zwar gelungen, den Samen die christlichen Bräuche zu vermitteln, aber nicht, sie von ihrem Kult völlig loszubringen. Das Grundproblem sahen die Missionare in der Existenz der Schamanentrommel, die für sie ein Werk des Teufels war und die es folglich zu vernichten galt.


Bei den Kampagnen wurden die als Hexer entlarvten Samen gezwungen, ihre Trommeln abzugeben, um sie zu verbrennen. In den 1680er Jahren wurden die Strafen für den Besitz von Trommeln verschärft und die Samen per Gesetz gezwungen, ihre Trommeln bei der Distriktverwaltung abzugeben. Daraufhin landeten eigens neu gefertigte Trommeln in der Sammelstelle, während die alten Exemplare zurückbehalten wurden. Überführte Missetäter wurden zur Abschreckung für andere öffentlich bestraft.


Nach einem Gerichtsprotokoll von 1687 verteidigte sich ein Mann mit dem Argument, er verwende die Trommel nur, um sein Schicksal zu erfahren und um gutes Gelingen für seinen bevorstehenden Jagdausflug zu bitten. Eine andere Verteidigungsstrategie war, die Zeichnungen auf der Trommel als eine Art Landkarte zu bezeichnen, mit der man in der Wildnis den Weg finden könne. Der Wunsch, für diesen Zweck die Verwendung von Trommeln zu erlauben, blieb unerhört. Stattdessen drohten der Regent und der Bischof bei einer Inspektionsreise 1688 durch Lappland demjenigen, der sich weigerte, seine Trommel abzugeben, Inhaftierung und Auspeitschung sowie Höllenqualen im Jenseits an. Ein Mann aus Arjeplog, der in diesem Jahr vor dem Bezirksgericht erklärt hatte, weiterhin die Schamanentrommel verwenden zu wollen, wurde als Exempel zum Tode verurteilt, anschließend geköpft und zusammen mit seiner Trommel und drei Ritualgegenständen unter den Augen von zwangsweise vorgeführten Mitgliedern seines Clans verbrannt.

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