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Wenn die Stimme versagt



Stimmerkrankungen haben biologische Grundlagen, sie sind aber nie nur biologisch initiiert, sondern betreffen sowohl die soziale Situation als auch die biografischen Bedingungen und die psychische Verfassung. Mit einer gebrochenen Stimmfunktion scheint auch die Persönlichkeit zerbrochen und fast jede Stimmerkrankung kann als Kommunikationsstörung angesehen werden.


Organische Veränderungen des Stimmapparates bieten die Grundlage für die Entstehung von Stimmerkrankungen. Dies können schwere Allgemeinerkrankungen des Bronchial- und Lungensystems sein, genauso wie orthopädische Schwierigkeiten oder postoperative Zustände, die eine unterspannte gesamtkörperliche Muskulatur erzeugen.


Stimmstörungen, denen kein organischer Befund zugrunde liegt, entstehen vermehrt bei stimmlicher Überforderung und in traumatischen Situationen. Sie sind ein Indiz dafür, dass Konflikte verdrängt und in Körpersprache umgesetzt wurden. Ist unsere Stimme chronisch erkrankt, ist immer auch unsere Identität gefährdet, ebenso unsere Beziehungen zu anderen und unser Selbstbild/Selbstbewusstsein ist schwer beschädigt: die Stimme, die plötzlich so anders klingt, ist nicht mehr meine eigene.


Jeder übermäßige Stimmgebrauch ist im Kern ein Risikofaktor. Besonders dann, wenn Umgebungslärm hinzukommt, permanenter psycho-sozialer Stress in Berufsfeldern mit hoher Verantwortung und anhaltende Kommunikationsanforderungen und eventuell noch gepaart mit beruflichen Durchsetzungskonflikten. Aber auch schlechte Sprechtechnik gehört ebenso dazu wie unpassende Raumakustik oder ungünstiges Klima.


Stimmstörungen resultieren aus einer unphysiologischen Arbeitsweise entweder in gesteigerten oder verminderten muskulären Spannungen. Diese muskulären Dysbalancen betreffen alle an der Stimmgebung beteiligten Systeme: Körperhaltung, Atmung, Stimmgebung, Lautbildung, Resonanz und Sprechablauf.

Durchsetzungsschwache Menschen sabotieren ihre Stimme dadurch, dass sie sich körperlich klein machen, Kritik und Forderungen durch Lächeln entschärfen, zu leise oder monoton sprechen, kaum Blickkontakt halten. Die Zuhörer stellen auch schnell und unbewusst fest, ob der Vortragende motiviert ist, seinen Stoff beherrscht und sich mit dem Gesagten auch identifiziert! Ermüdete, unmotivierte Vortragende geben den Gehirnen der Zuhörer die direkte Aufforderung wegzuhören! Siehe Blog "Was macht eine Stimme attraktiv".


Sind Personen in einem Sprechberuf tätig, ist es notwendig, sie während der akuten Phase der Stimmerkrankung für mindestens zwei Wochen aus der beruflichen Sprechbelastung herauszunehmen. Weiters sollte im Alltag eine entspannte Konversationsstimme benutzt werden, kein Flüstern. Wesentlich ist, sich eine gute Stimm- und Sprechtechnik zu erarbeiten mit physiologischen Stimmeinsätzen und eine mittlere Sprechstimmlage im individuellen Bereich zu benutzen. Statt überhöhter Lautstärke sollte man der Stimme mehr Resonanz und Tragfähigkeit verleihen. Siehe Blog "Die Kraft des individuellen Grundtons".


Aufgrund der Spiegelneuronen sind wir in der sprachlichen Kommunikation niemals unbeteiligt. Wir vollziehen das Sprechen unseres Gegenübers immer innerlich mit, ja wir reagieren unmittelbar körperlich. Bei diesem funktionellen Nachvollziehen übernehmen wir auch unphysiologische Muster, Unterspannung, Gähnen, Räuspern etc. Ein Sprecher mit klangvoller und selbstsicherer Stimme überträgt dagegen sein Wohlgefühl.

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